Samstag, 16. Februar 2019

Auf bald, Saalestadt - Hallo, Stadt an der Neiße

Es ist halb zwei in der Früh, als der Wecker klingelt. Eigentlich möchte ich nicht aufstehen, eigentlich will ich doch zu Hause bleiben. In meiner gewohnten Umgebung, bei meiner Familie, mit der angenehmen Routine. Doch es hilft nichts, denn dieses Abenteuer habe ich mir selbst ausgewählt.

Alles begann schon 2017. Bei einer Radtour erzählte ich meiner Freundin, dass ich ein Auslandssemester plane. Nach Polen solle es gehen, in das schlesische Breslau (Wroclaw).

Nach eingehender Recherche habe ich meine Meinung geändert und mich, vornehmlich wegen der Größe Wroclaws, für Neiße (Nysa) entschieden, etwa 1,5 Stunden südlich von Wroclaw entfernt, in der Woiwodschaft Oppeln (Opole).

Im August schickte ich meine Bewerbung an meine Koordinatorin meiner Alma Mater und schon im September wurde ich vorgeschlagen. Ende Dezember kam die Zusage von der Hochschule und ich konnte mit den Vorbereitungen beginnen.
Um ein Visum musste ich mich als Bewohnerin der Europäischen Union nicht kümmern. Man kommt, man geht. Ganz einfach. 
Das Wohnheim wird vom International Office bereitgestellt. Dom Studenta (zum Schock und darüber hinaus später mehr). Das Wichtigste war als: Was packe ich ein? Was muss mit und auf was kann ich verzichten? Auf wie viel Luxus lege ich wert oder tut es auch das Nötigste? Schlussendlich habe ich mich tatsächlich auf die Variante "das Nötigste muss reichen" festgelegt. Also alle Kleidungsstücke raus, durchgesehen, anprobiert und wieder zurück, bis am Ende nur ein kleiner Haufen übrig blieb. Dazu kam dann noch das Equipment. Laufbekleidung und -schuhe, ein Reiseführer, ein Wörterbuch, ein Sprachführer. 

Warme Socken, wir haben immerhin Februar, Briefpapier, ein Roman für den Weg und was sich alles so ansammelt. Ein Reisetagebuch natürlich noch, neben diesem Blog, darf auch nicht fehlen. Am Ende wog "das Nötigste" dann 32 Kilogramm. Und mein Rechner war noch nicht mit einkalkuliert.

Da stand ich also, vor meinem riesigen Reiserucksack. Natürlich hätte ich auch einen Koffer nehmen können, den man ganz bequem hinter sich herziehen kann. Aber ich bin ein Rucksackmädchen. Und die reisen nun mal nicht mit dem Koffer. Zudem hatte mein Rucksack schon einiges mitgemacht. Auf eines missglückten Wanderschaft wurde er 2010 eingeweiht, im gleichen Jahr transportierte er meine Habseligkeiten sicher in meine Berufsschule nach Frankfurt am Main, und auch auf dem Weg nach Montana ließ er mich nicht im Stich - warum also jetzt umsteigen? Das Ungeheuer wurde also gepackt.

Nachdem ich von meinem Mann sicher zum Busbahnhof begleitet wurde, die Reise mit dem Bus ging schneller und - zunächst - unkomplizierter, hievte ich das Ding in die Gepäckablage und schon ging es Richtung Dresden. Eine Fahrt, die so aufregend war, dass ich sie komplett verschlafen habe.
In der Hauptstadt der Sachsen angekommen brauchte ich zunächst eines: Kaffee. Ohne Kaffee konnte ich die drei Stunden bis zur Weiterfahrt nicht überstehen.
Um neun Uhr saß ich im Bus nach Wroclaw und auf dieser Fahrt tat ich kein Auge zu. Mit Karacho über die Autobahn - so schnell fuhr der Fahrer, dass wir schon 13:00 am Busbahnhof ankamen, statt der geplanten 13:30. Und dann ging es los: Finde den Anschluss!

Das gestaltete sich schwerer, als ich dachte. Am Bahnhof angekommen - 13:15 - fuhr der Zug nach Nysa gerade fort. Der nächste käme um 15:40! Oh weh. Also zurück zum Busbahnhof. Hier fuhr auch ein Zug zum Ziel, allerdings 15:10. Aber da war doch noch etwas, dass ich im Internet gelesen hatte? 14:10 ein Bus von einer Haltestelle namens Dawida. "Okay Google, bring mich zur Haltestelle Dawida" - das tat Google auch, allerdings zum Stadtverkehr. Und so fuhr der Kleinbus nach Nysa an mir vorbei.
Frustriert, dass mich Google nun hintergangen hatte, wollte ich zurück zum Busbahnhof. Doch dann stand er da, besagter Minibus nach Nysa. Und tatsächlich erwischte ich den letzten freien Platz! Ich war gerettet.
Und wie der Zufall es so wollte, lernte ich auf der Fahrt eine ganze nette Schülerin kennen, die kurz vor ihrem Abitur steht. Sie übersetzte ganz selbstverständlich mein englisch Gesagtes ins Polnische und wieder zurück. Was für eine Begegnung. Und wäre das nicht genug, führte auch ihr Weg nach Nysa, wo sie von ihrer Mutter abgeholt wurde. Und dann kam das Sahnehäubchen meines Tages: Sie fuhren mich doch tatsächlich noch bis zum Wohnheim. Ohne mich zu kennen! Das nennen ich Gastfreundschaft.



Ich erreichte meine Unterkunft also um 16:00 - zwölf Stunden, nachdem ich in Halle losgefahren war.

Zu meinem Wohnheim gibt es viel zu sagen, allerdings werde ich davon in einem gesonderten Artikel darüber schreiben. Für heute schließe ich mit den Worten eines Freundes: "Kopf runter und durch" - mein Motto für das Dom Studenta.


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