Freitag, 5. April 2019

Stadt der Zwerge

Wenn man in Nysa wohnt, kann es, trotz der wunderschönen Landschaft, doch recht langweilig werden. Spätestens nach zwei Monaten hat man als interessierte Studentin doch schon vieles, wenn auch nicht alles, gesehen. Doch es gibt einige Möglichkeiten, von der ober-schlesischen Stadt aus die Umgebung kennen zu lernen und heute führt uns der Weg nach Wrocław (dt. Breslau) - die Hauptstadt der Woiwodschaft Niederschlesien und die Stadt der Zwerge.

Von Nysa mit dem Bus durchs Oppelner Land


Eines vornweg: Will man oder frau mit dem Bus nach Wrocław, dauert es gerade einmal (überschlagen) eine Stunde und dreißig Minuten. So weit, so gut. Jetzt kommt aber das dicke aber: Es kann passieren, dass man in einer Gruppe mit dreizehn Personen die falsche Uhrzeit wählt und auf einmal von einem ohnehin schon überladenden Minibus steht (man denke an das Abenteuer der Anreise). Gut, wenn man weiß, wann der "große" Bus verkehrt: Nämlich um 07:40 (das ist bisher der einzige, bei dem ich mir sicher bin). Die Fahrt kostet für Studierende bis einschließlich 26 Jahren 12 Złoty. Für Studierende darüber ... auch. Es guckt einfach keiner genau. "Student" versteht eigentlich jeder und wenn man dazu noch mit dem Ausweis hin und her wackelt, sowieso. Ich glaube, außer zu meiner Anreise, habe ich hier noch nie den vollen Preis gezahlt (funktioniert auch im Zug). Hat man dann einen Sitzplatz bekommen, geht es recht zügig nach Wrocław.

Wo die wilden Zwerge wohnen


Wrocław ist eine wundervoll moderne Stadt. Wie fast jede polnische Metropole trägt auch sie einen Beinamen und wird das "Schlesischer Venedig" genannt. Hier fließt die Odra (dt. Oder) von West nach Ost, um einige hundert Kilometer später die Grenze zu passieren um eines Tages dann in die Ostsee zu fließen.
Bemerkenswert an Wrocław ist die barocke Altstadtarchitektur, umgeben von einigen sozialistischen Vorzeigebauten hin zu modernen Kaufhäusern. Auch fährt hier eine sehr moderne Tram in regelmäßigen Abständen (wenn man doch nur die polnischen Straßennamen kennen würde). Doch wie auch in Nysa ist hier "alles touristische" ist eigentlich alle zu Fuß zu erreichen. So befindet sich der Marktplatz gerade einmal zwanzig Minuten Fußmarsch entfernt.
Wenn man den Blick von den Fassaden auf den Boden richtet, erblickt man etwas merkwürdiges: Zwerge. Immer wieder tauchen die unterschiedlichen kleinen Bronzefiguren auf den Gehwegen und dem Marktplatz, an Schaufenstern und Laternen auf.






In der Touristeninformation gibt es sogar eine eigene Karte mit den Standorten aller Zwerge. Besucher, die Up-To-Date sind, können natürlich auch eine App herunter laden und die Zwerge digital fangen. Doch was hat es eigentlich mit den Gnomen auf sich?

Die Zwerge haben Arbeit, Spaß und Langweile.


Über 600 der kleinen Männer und Frauen gibt es schon in der Stadt. Und alle haben einen thematischen Bezug. So findet sich vor einem Hotel ein kleiner Page mit Gepäckwagen, vor einer Kneipe trägt ein Bärtiger mit spitzem Hut ein Fässchen Bier. Eine Zwergin ist als Touristin unterwegs und fotografiert ihrerseits einen noch kleineren Gnom. An der Universität wird gelesen, der nächste surft auf seinem Notebook im Netz.
Sie sind also auf dem neuesten Stand, Wrocławs kleine Bewohner.
Im Sommer 2001 tauchten die ersten Zwerge als Projekt der Kunsthochschule in der Stadt auf. 2004 wurden 12 weitere in Auftrag gegeben und 2009 waren es schon 95 in ganz Wrocław. Kein Zwerg gleicht dem anderen, denn jeder kleine Bewohner ist ein Unikat. Einen kann man sogar in Dresden finden, der als Träger beider Stadtwappen zum Jubiläum der Städtepartnerschaft Wrocław-Dresden an die sächsische Hauptstadt überreicht wurde.
Natürlich sind sie vor Allem ein touristischer Anziehungspunkt. Zwerge suchen und jagen ist fast wie Pokémon fangen. Dazu gibt es an jeder Ecke Postkarten, Schlüsselanhänger, Schneekugeln, und und und.







Die Stadt hat natürlich noch wesentlich mehr zu bieten. Auch hier finden sich unzählige Kirchen, eine Brücke voller Liebesschlösser, Cafés, Gaststätten, eine sehr große Universität, Kaufhäuser, Parks, ein Japanischer Garten, ein Zoo, die Jahrhunderthalle - die zu meinem Besuch leider geschlossen war - Theater, Oper: Einfach alles, was eine Großstadt mit 650.000 Einwohner auszeichnet. Zudem führt der EuroVelo-Radweg EV9 (Bernsteinroute) durch die Stadt und natürlich kann man auch an der Oder entlang wandern, radeln und spazieren.

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